Hornissenumsiedlung aus einem
Rollladenkasten
29. Juli 2000
Abgerissenes Hornissennest in einem
Rollladenkasten
Ende
Juli entdeckte Familie K. Hornissen, die ständig den Rollladen im ausgebauten
Dachgeschoss ihres Einfamilienhauses anflogen.
In
einer ersten Beratung am Telefon konnte das Nest noch am Standort belassen
werden. Nach einer Woche meldete sich Herr K. erneut und wollte dieses Nest
entfernt haben. Als Argumente nannte er zwei kleine Kinder und das seine
Frau vor den Tieren panische Angst habe und sich ekelte.
Durch
Besichtigung und Beratung vor Ort erkannte ich Nestfragmente am Rollladen und
auf der Fensterbank. Da durch Betätigen des Rollladens das Nest bereits
beschädigt sein musste, und auch die Argumente der Familie K. (Ekel, Kinder und
Nutzung des Rollladens) in meine "Umsiedlungsüberlegung" einbezogen wurden, entschied ich mich,
zum Schutz des Hornissennestes und zur Beruhigung von Familie K., für eine Umsiedlung.
Nach
Einholen der Umsiedlungsgenehmigung bei der unteren Naturschutzbehörde startete
ich mit einem
Helfer, der zur Ausbildung an einer Umsiedlung teilnehmen wollte, die
Umsiedlungsaktion:
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Um
Verzögerungen während der Umsiedlung zu vermeiden, steht am Anfang das
Bereitstellen der benötigten Werkzeuge und Umsiedlungsmaterialien. Danach wird der
Rollladenkasten geöffnet.
Um ein
Abfliegen der Tiere zu verhindern,
sollten zu diesem Zeitpunkt die Fenster im Zimmer geschlossen sein. Die
ausgeflogenen Verteidigungstiere werden anschließend einfach vom Fenster
abgefangen.
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Im
Innern des Rollladenkastens bot sich folgendes Bild:
Durch
Betätigen des Rollladens wurde das Hornissennest, welches sich Ende Juli
bereits auf den Rollladen aufgesetzt hatte, mit den Waben abgerissen. Auf
dem Boden des Rollladenkastens lag nun das komplette Nest mit
seinen Insassen.
In
dieser Situation hatte der Hornissenstaat schlechte Entfaltungsmöglichkeiten und
recht geringe Überlebenschancen. Somit war neben den Ängsten der
Betroffenen noch zusätzlich der Grund für die Umsiedlung gegeben. |
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Das Abfangen der Verteidigungstiere
ist der erste Schritt einer Umsiedlung. Tiere die sich auf den Waben
befinden, können ohne weiteres dort belassen werden. Sie sind weder
angriffslustig, noch verlassen sie das Nest.
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Im nächsten Schritt werden die Hornissen einzeln,
mit einen umgebauten Staubsauger in eine Fangbox gesaugt. In der
Box befindet sich
Bienenfutterteig, der den Insekten etwas den Umsiedlungsstress
nehmen soll. Um die Hornissen schonend in die Fangbox zu Befördern, wurde
der Sog des Staubsaugers auf das Einfangen der Tiere abgestimmt.
Links
die Innenansicht der Abfangbox:
Im
Deckel der Box befindet sich der Ansaugstutzen zur Aufnahme des
Ansaugschlauches. Im unteren Bereich der Anschluss zum Sauger. Dieser
wurde mit Fliegendraht umzogen, um ein Ansaugen der Tiere in den Sauger zu
Vermeiden. Die Polsterung am Boden beugt Verletzungen vor, wenn die Tiere
in die Box gelangen. In der Ecke befindet sich Bienenfutterteig.
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Nach dem Abfangen der Flug- und
Verteidigungstiere kann das Nest Vorsichtig, zum Einkleben in die
Umsiedlungskiste, aus dem Rollladenkasten entnommen werden. |
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Das entnommene Nest neben dem
Hornissen-Umsiedlungskasten, kurz vor dem Einkleben mit Heißkleber aus
der Heißklebepistole. |
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Ansicht des Wabenbaus aus der
Nähe.
Nachdem das Hornissennest etwa eine Woche
auf dem Boden des Rollladenkastens lag, wurden durch die Hornissen in den
verbliebenen Hohlräumen am Nest kleine Waben gebaut. Für richtige Wabenetagen reichte der Platz nicht mehr aus. Ohne Umsiedlung
wäre hier die Endgröße des Nestes erreicht.
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Das aus dem Rollladenkasten
entnommene Hornissennest wird komplett in den vorbereiteten
Hornissennistkasten mit Heißkleber eingeklebt. Bis zum Erkalten des
Klebers bleibt der Nistkaten auf dem Kopf stehen. Bei größeren Nestern
müssen die Waben noch zusätzlich durch Streben gestützt werden. Hierzu
befinden sich die Halteleisten rechts und links im Umsiedlungskasten. Bei
Bedarf können hier die Querstreben aufgelegt und festgeklebt werden.
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Eine nesttreue Arbeiterin, die
sich unter den Waben versteckt hatte, lässt sich auf den Waben blicken
und fängt mit der Betreuung der Brut an. Selbst beim weiteren
Umsiedlungsvorgang ist sie weder angriffslustig, noch flüchtet sie.
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Der Hornissennistkasten wird
nach Verkleben des Nestes am Kastendach in
die richtige Position gestellt. Nun zeigen die Waben mit den Larven wieder nach
unten. |
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Bis
zum Saisonende wird nun dem Hornissenvolk genügend Raum geboten um sich
großzügig Entfalten zu können. |
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Neben der Nesttreuen Arbeiterin
zeigt sich nun auch die Königin (unten). Sie hatte sich ebenfalls zwischen den
Waben versteckt. Natürlich ist die Königin das wichtigste Individuum bei einer
Umsiedlung.
Ohne Königin würde das Volk Drohnenbrütig.
D.h. Eine Arbeiterin würde im Volk dominieren und (unbefruchtete)
Eier legen. Aus diesen Eiern schlüpfen nur Drohnen. So wäre wenigstens,
aus der Sicht des Nestes, der Fortbestand
der Gene für das Volk gesichert.
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Immer wieder kehren Flugtiere
mit Beute und Baumaterial zum Nest zurück. Für eine erfolgreiche
Umsiedlung wird natürlich jede Arbeiterin benötigt. Deshalb immer wieder
das Einfangen von Flugtieren. Etwa 1 Stunde nach Beginn der
Umsiedlungsaktion ist der größte Teil der Tiere eingefangen.
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Die
eingefangenen Flug- und Verteidigungstiere befinden sich in der Fangbox.
Somit ist Umsiedlung am alten Neststandort abgeschlossen.
Jetzt
beginnt der "Umzug" und die Fahrt zum neuen Standort. Er sollte mindestens
zwei Kilometer vom Nestgründungsplatz entfernt sein.
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Fangbox
im noch geöffneten Hornissennistkasten.
Nach
der kleinen Reise vom Altstandort zum neuen Bestimmungsort werden die
abgefangenen Hornissen aus der Fangbox dem Nest wieder zugeführt. Über
einen Mechanismus wird die Box im geschlossenen Nistkasten geöffnet. Die
Hornissen fliegen und krabbeln nun aus der Fangbox in den
Hornissennistkasten, gelangen dabei auf ihre Waben und beruhigen sich
allmählich von der Umsiedlung.
Am
Flugschlitz des Nistkastens wurde Bienenfutterteig angebracht um den
Hornissen den Umsiedlungsstress zu nehmen und ihnen einen guten Start im
neuen Heim zu geben. |
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Um
ein sofortiges Flüchten der Hornissen nach dem Freilassen aus der Fangbox
zu Verhindern, wird das
Flugloch vom Hornissennistkasten mit einem perforierten Papier zugeklebt.
Der
Grund dieser Maßnahme ist, dass sich die Tiere langsam an das neue
"Heim" gewöhnen, den zuvor eingeklebten Wabenbau im Nistkasten
finden, sich vom Umsiedlungsstress beruhigen und sich später am neuen Neststandort
orientieren. |
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Nachdem sich die Tiere im Innern
des Hornissennistkastens beruhigt haben, beginnen sie nun, sich einen Weg
nach außen, durch das Papier zu Bahnen. |
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Wenn
der Weg in die Freiheit geöffnet ist, beginnen die Orientierungsflüge.
Die Hornissen beginnen mit kleinen Rundflügen um das Einflugloch, die im
Radius immer größer werden.
Nach
zwei Stunden ist die Umsiedlungsaufregung so gut wie vergessen und die
ersten Hornissenarbeiterinnen kommen bereits mit Baumaterial und
Futterpaketen zum neuen Standort zurück.
24
Stunden später werden die restlichen Papierfetzen vom Flugloch entfernt.
Unter Schutzkleidung wird ein letztes Mal der Hornissennistkasten
geöffnet und die darin verbliebene Fangbox zu entnommen. Die Aufregung, die
dadurch noch einmal bei den Hornissen hervorgerufen wird, legt sich nach
dem Schließen des Nistkastens recht schnell. |
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Die Belohnung einer
erfolgreichen Umsiedlung ist der Abflug der Geschlechtstiere im Herbst. Hier war der
Zeitpunkt Ende September.
Nach der Paarung werden sich
die Königinnen ein Winterquartier suchen, um im nächsten Jahr einen neuen
Staat zu Gründen. |
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Was aus dem ursprünglichen Nest
vom Rollladenkasten geworden ist, zeigt hier der Vergleich etwa Mitte
Oktober. Links noch einmal das frisch umgesiedelte Nest nach der Entnahme
aus dem Rollladenkasten. Das rechte Bild zeigt, rund drei Monate nach der
Umsiedlung, das ausgewachsene und mittlerweile verlassene Hornissennest.
Bei Vorträgen und Ausstellungen wird ein solches Nest immer wieder
bestaunt und zeigt eindeutig ein kleines Kunstwerk, das die Hornissen im
Laufe der Saison erstellt hatten.
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